Weißwandreifen als Kultobjekt
Obwohl Weißwandreifen heute etwas außergewöhnliches und etwas besonderes sind, waren sie zu Zeiten der ersten Gummireifen etwas ganz alltägliches. Die ersten Gummireifen für Autos wurden zu diesem Zeitpunkt aus natürlichem Kautschuk hergestellt und waren somit nicht schwarz sondern weiß. Erst in späteren Herstellungsverfahren wurden der Gummimischung bestimmte Stoffe hinzugefügt, die eine Schwarzfärbung zur Folge hatte. Demzufolge waren Weißwandreifen in den Anfangsjahren eine günstige Alternative zu den vollkommen schwarzen Pneus. Komplett schwarze Reifen hingegen wurden dem Premiumsektor zugeordnet. Kurze Zeit später wandelten sich jedoch die Ansichten. Nun zählten die Weißwandreifen zur edlen Klasse, da sie den Wagen in seinem Gesamtdesign bestärkten. Später darauf in den 1930er Jahren wurden jedoch erneut die schwarzen Reifen von der Bevölkerung bevorzugt. Ebenso wie bei Modetrends wiederholen sich Muster und Geschmäcker regelmäßig. Was der Grund dafür ist, wieso sich bereits in den 1950/60er Jahren die Weißrandreifen erneut einer großen Beliebtheit erfreuten. Abermals wurden diese Reifen bewusst als spezielles Gestaltungsmerkmal an den Fahrzeugen angebracht. Zu dieser Zeit gab es im Automobilbereich bereits für Motorräder, Motorroller sowie für andere Zweiräder den begehrten Weißwandreifen. Ein möglicher Grund für den Rückzug des Reifens nach 1950 könnte das moderne Herstellungsverfahren sein. Dies hat zur Folge, dass die Räder eine deutliche schmalere Wand aufweisen auf denen ein weißer Rand platziert werden könnte.
In der heutigen Zeit gibt es in erster Linie schwarze Reifen. Viele Oldtimer-Besitzer dürfen ihren Wagen jedoch erst als Oldtimer bezeichnen, wenn dieser auch die originalgetreuen Reifen aufgezogen hat. Obwohl einige Reifenhersteller auch im 21. Jahrhundert wieder Weißwandreifen herstellen beziehungsweise anbieten, sind diese trotzdem schwer zu bekommen und sehr teuer. Überwiegend werden diese Pneus in den USA gefertigt. Egal in welcher Produktionsstätte – Weißwandreifen werden generell nur in einer limitierten Stückzahl hergestellt. Bei den Pneus mit dem weißen Rand, die aktuell produziert werden, handelt es sich um Reifen der modernen Technik, welche seitlich einen aufvulkanisierten Streifen aufweisen.
Weißwandreifen: Weißer Rand durch Vulkanisation
Viele Weißwandreifen werden heutzutage durch ein aufvulkanisieren des weißen Streifens hergestellt. Dabei ist die Vulkanisation ein Verfahren, welches 1839 von Charles Goodyear entwickelt wurde. Es handelt sich hierbei um ein chemisch-technisches Verfahren. Diese Methode ermöglicht es Kautschuk unter Einfluss von Zeit, Temperatur und Druck gegenüber chemischen Einflüssen sowie gegen mechanische Beanspruchung widerstandsfähiger zu gestalten. Jeder Reifen durchläuft einmal in seinem Leben dieses Verfahren, um elastischer zu werden. Durch den Zusatz von Schwefel und Füllstoffen wird der Naturkautschuk zu Gummi verarbeitet. Dieser ist elastischer und resistenter gegenüber dem herkömmlichen Material. Die Elastizität ist dabei von der Anzahl der Schwefelbrücken abhängig. Je mehr von diesen Brücken vorhanden ist, desto härter ist der Gummi. Die Anzahl der Schwefelbrücken steht dabei im Zusammenhang mit der zugesetzten Schwefelmenge und der Dauer der Vulkanisation. Altert der Gummi, so werden die Schwefelbrücken durch Sauerstoffbrücken ersetzt. Das Material wird somit brüchig und porös.
Letztendlich ist das reine Herstellungsverfahren noch nicht als Vulkanisation zu bezeichnen. Der Ausspruch „einen Reifen“ vulkanisieren bezeichnet im Regelfall einen Arbeitsschritt in der Reifenreparatur. Hat der Pneu ein Loch oder einen Riss, reicht es beispielsweise nicht das Loch zu stopfen. Hier muss der Mechaniker zusätzlich den Reifen vulkanisieren.
Im Allgemeinen lässt sich das Vulkanisierungsverfahren demnach für die Gummiherstellung, für die Reifenreparatur als auch zur Erzeugung von weißen Rändern am Pneu einsetzen.